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Wo finde ich ein
Baujahr an meinem Fahrrad?
Bei manchen Fahrradmarken läßt sich
das Baujahr direkt aus der Rahmennummer ableiten, sofern man im Besitz der erforderlichen
Listen ist. Ist dies nicht möglich oder ist von dem betreffenden Fahrrad nicht einmal die
Marke bekannt, dann kann das vermutliche Baujahr anhand allgemeiner Merkmale oder
bestimmter Einzelteile, in die eine Jahreszahl eingeprägt ist, ermittelt werden.
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Allgemeine Merkmale |
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Bestimmte allgemeine Merkmale von
Fahrrädern deuten auf bestimmte Perioden hin. So kommen vor dem 2. Weltkrieg neben
den üblichen gemufften Rahmen auch hier und da geschweißte Rahmen vor.
Anfänglich war das Vernickeln das einzige galvanische
Verfahren, wie bestimmten Teilen (Zierkappe auf dem Gabelkopf, Naben, Tretkurbeln usw.)
ein ansprechenderes Aussehen verliehen werden konnte. Ab ca. 1930 fing man mit dem
Verchromen an, was durch den stärkeren Glanz und die "weißere" Farbe vom
warm-gelblichen Nickel zu unterscheiden ist. Bis zum Ende des Krieges wurde jedoch auch
weiterhin vernickelt.
Ab 1948
wurden Aluminiumfelgen in großer Zahl für Tourenräder verwendet. Ab 1949/50 wurde es
bei niederländischen Fahrrädern zur Mode, Nocken, Bleche und dergleichen am Rahmen
anzulöten, an denen ein Gepäckträger, ein Ringschloß oder der Bremshebel der
Hinterradnabe befestigt werden konnten. Nicht alle Marken verwendeten diese Anlötteile
bzw. nicht sofort. Ein Hollandrad mit angelöteten Befestigungspunkten ist somit selten
älter als ca. 1950, ein Rahmen ohne diese Anlötteile kann jedoch älteren wie auch
jüngeren Datums sein. Ausnahmen: Die Marken Locomotief, Gruno und vielleicht noch wenige
andere, die z. T. schon weit vor dem 2. Weltkrieg Anlötteile hatten. |
Nocken für
Gepäckträger |
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Naben |
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Es gibt diverse Fahrradteile, in die
Jahreszahlen eingeschlagen sind. Wenn von einem solchen Teil bekannt ist, daß es ein
Originalteil zu dem betreffenden Rahmen ist, ist damit auch das Fahrrad als Ganzes
ungefähr datiert. Am besten untersucht man dabei zuerst die Naben im Vorder- und im
Hinterrad.
Sturmey
Archer
In den 30er Jahren gab SA auf ihren Naben neben der Modellbezeichnung auch die letzte
Ziffer des Baujahres an. Wenn also z.B. "KSW 5" auf einer Nabe steht,
handelt es sich um eine Dreigangnabe aus 1935 mit mittlerer Spreizung der
Übersetzungsverhältnisse. Während des 2. Weltkriegs wurde die Produktion stillgelegt.
Nach dem Krieg prägte man außer dem Modell auch den Monat und die beiden letzten Ziffern
des Baujahres auf die Nabenaußenseite. Ein Kuriosum sind Naben aus 1969, auf denen
"14 69" steht. Dieses herrliche Beispiel englischer "work ethic"
traf ich verschiedene Male an, und einmal sogar "17 69".
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Fichtel & Sachs
Einem sehr interessanten Artikel über F&S-Rücktrittnaben aus der deutschen
Zeitschrift 0 bis 100, Nr. 1/98 (erschien später unter dem Titel Fahrrad und Moped)
zufolge wurden bei diesen Naben ab ca. 1920 die letzten beiden Ziffern des Baujahrs
eingeprägt. Die meisten Vorkriegsräder mit Rücktrittnabe und auch viele
Nachkriegsräder der besseren Marken waren mit der Torpedo-Nabe von F&S ausgestattet.
Bis 1957 steht links unter dem Emblem von F&S (dem
bekannten Adler) die Jahreszahl und rechts ein Buchstabe. Ab 1958 steht nur noch links ein
Buchstabe, der das Baujahr angibt. Man fing bei "A" an und ging dann
alphabetisch jedes Jahr einen Buchstaben weiter. Die Buchstaben "I" und
"Q" wurden ausgelassen, wahrscheinlich weil sie dem "J" und dem
"O" zu sehr ähneln. 1961 (Buchstabe "D") wanderte der Buchstabe an
die Stelle oberhalb des Emblems, neben das Kürzel "F&S". 1975 fuhr man auf
dem Bremshebel fort und wurde über dem Buchstaben für das Baujahr ein zweiter für den
Fertigungsmonat geprägt. 1982 begann man wieder neu mit dem Buchstaben A. Damit ergibt
sich folgende Liste:
A = 1958 |
D = 1961 |
G = 1964 |
K = 1967 |
N = 1970 |
R = 1973 |
B = 1959 |
E = 1962 |
H = 1965 |
L = 1968 |
O = 1971 |
S = 1974 |
C = 1960 |
F = 1963 |
J = 1966 |
M = 1969 |
P = 1972 |
usw. |
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Die Buchstaben - und früher die Jahreszahlen - stehen auch auf den meisten Einzelteilen
von F&S und auf anderen F&S-Hinterradnaben (Schaltungsnaben, Komet-, Jet- und
Boy-Rücktrittnaben). Wenn Sie auf einer nicht besonders alt aussehenden F&S-Nabe
"28" oder "36" stehen sehen, wird es sich übrigens um eine höchstens
35 Jahre alte Nabe für 28- bzw. 36-Loch-Felgen handeln.
Die Jahreszahlen in F&S-Vorderradnaben sind etwas
weniger auffällig. Sie stehen hier nicht auf der Nabe, sondern auf der Achse und auf den
beiden Konussen. Ab ca. 1953 wurden diese Vorderradnaben ohne Schmiernippel und auch ohne
Jahreszahl gefertigt.
Perry
Genauso versteckt ist das Baujahr bei den englischen Perry-Rücktrittnaben. Auf der Nabe
steht "36" (für die Zahl der Speichenlöcher) und "13". Baujahr und
Monat sind an zwei Stellen eingeprägt: auf dem Bremshebel und auf der Niete des
Bremsmantels.
Meinen Daten zufolge kommen diese Naben bei Fahrrädern von
u.a. Gazelle, Germaan, Locomotief, Magneet, R.S. Stokvis, Simplex und Union im
Zeitraum zwischen 1955 und 1963 vor, in Wirklichkeit wahrscheinlich auch einige Jahre
davor und danach. |
Perry-Bremshebel, 1959 |
Styria
Diese österreichische Firma baute schon vor dem 2. Weltkrieg Rücktrittnaben und
verkaufte diese ab 1936 auch in den Niederlanden (im ersten Jahr nach eigenen Angaben
bereits 90.000 Stück!). In der Praxis fand ich diese Naben jedoch nur in Rädern diverser
Marken zwischen 1947 und 1962. Es scheint keine bekannte niederländische Fahrradmarke zu
geben, die diese Naben in großer Zahl montiert hat. Die letzten beiden Ziffern des
Baujahrs stehen auf der Nabe, in einem kleinen Kreis unter dem Styria-Emblem, gegenüber
dem Schmiernippel.
Husqvarna
Auch die Rücktrittnaben dieser schwedischen Firma, u.a. durch ihre Nähmaschinen bekannt,
stammen normalerweise aus der Zeit zwischen Ende der 40er und Ende der 50er Jahre. Auf der
Nabe steht "Novo Special CN" sowie Monat und Jahreszahl. Die zugehörigen
niederländischen Fahrradmarken sind u.a. Batavus, Gazelle, Burgers, Fongers und Juncker.
Union
Die deutsche Firma Union, Hersteller von Fahrradteilen, verkaufte zumindest in den 50er
Jahren Trommelbremsnaben, die in den Niederlanden meines Wissens nur von Juncker montiert
wurden. Sie sind leicht an den drei Nieten zu erkennen, mit denen Nabe und Bremstrommel
miteinander verbunden sind (bei Gazelle-Trommelbremsen sind dies sechs, bei Simplex vier).
Auf der Innenseite des Bremsbackenträgers sind Baujahr und Monat eingeprägt.
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Auf anderen Teilen eingeprägte Jahreszahlen |
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Auch auf anderen Teilen sind Jahreszahlen zu finden. Bei
Locomotief-Rädern aus Anfang der 50er Jahre fand ich auf den beiden BSA-Tretlagerschalen
und auf der Innenseite der Tretkurbeln der Marke Brampton eingeschlagene
Jahreszahlen (auf den Schalen auch noch eine zweite Zahl, wahrscheinlich der Monat).
Später in den 50er Jahren sind auf den Lagerschalen dieses Zulieferers keine Ziffern mehr
zu finden. |
Gazelle hat mindestens ab Ende
der 30er Jahre bis Ende der 60er Jahre in die selbst hergestellten Lager (Achse und
Konusse von Trommelbremsnaben, Lenklagersatz einschl. Gabelschaft, Tretlagerachsen und
-schalen, Kettenblatt und Thompson-Konusse) zwei Ziffern eingeprägt, von denen eine auf
das Baujahr hinweist. Die Schwierigkeit besteht darin, daß man sowieso das Jahrzehnt
wissen muß, daß "6" und "9" nicht zu unterscheiden sind, und daß
man prüfen muß, welche der beiden Ziffern überall identisch ist und somit das Baujahr
angibt. Zum Glück lassen sich Gazelle-Räder wesentlich einfacher über die Rahmennummer
datieren.
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Auf
Tretlagerachsen sind neben verschiedenen dubiosen Typenangaben manchmal auch
Jahreszahlen zu finden. Dies gilt auf jeden Fall für BSA-Achsen des englischen
Herstellers Phillips, wie die hier abgebildete Achse aus einem Empo-Fahrrad (1963) und
für BSA-Achsen der niederländischen Marke Union (einmal in einem Rad von 1980
angetroffen).
Ein anderes Beispiel ist der nebenstehend abgebildete Lenkerschaft
eines Union-Sportrades von 1952.
Bei einem Juncker-Rad aus (schätzungsweise) den 20er Jahren
stand auf der noch originalen Thompson-Tretlagerachse "K 27". Auch dies
könnte das Baujahr sein. Wenn Sie etwas Vergleichbares finden, das diese Vermutung
bestätigt oder widerlegt, schreiben Sie mir dies bitte. (E-Mail: cyclist@rijwiel.net).
Es gibt zwei Dynamotypen, auf denen an der Innenseite
der "Clickbox" das Baujahr und der Monat stehen: Gazelle-Dynamos (nur einer von
mehreren Dynamotypen aus den 60er Jahren) und Dansi-Dynamos. Letztere wurden in großer
Zahl in den 60er und 70er Jahren unter den verschiedensten Namen wie z.B. Anello, Atlas,
BMH, IC, Jupiter, Nicor, Prico, Record oder Riviera verkauft.
Auf anderen niederländischen und Schweizer Dynamos aus den
50er und 60er Jahren sind z. T. Seriennummern zu finden (z.B. Lucifer Baby,
Philidyne, TMI). In diesen Fällen ist es manchmal möglich, durch Vergleiche über die Fahrraddatenbank das Baujahr (des Dynamos) zu bestimmen. |
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Last update: 23.09.2002
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