1892: Willem Kölling, Leiter der
Poststelle in Dieren, kündigt und gründet einen Fahrradhandel, indem er 1 Fahrrad aus
England bestellt. Seine Firma wird schnell größer. Kölling sucht einen Partner und
findet diesen in Rudolf Arentsen, Händler für Eisenwaren, Öfen und Herde in Dieren. Sie
gründen noch im selben Jahr die Firma Arentsen und Kölling. 1902: Arentsen und Kölling kaufen an der Stelle,
an der die heutige Fabrik steht, ein Fabrikgebäude und beginnen mit der Produktion von
Fahrrädern. Im gleichen Jahr kommt das erste komplette Rad unter dem Namen Gazelle auf
den Markt.
1903: Gazelle bietet ihr erstes
Motorrad an, das jedoch nicht aus eigener Fertigung stammt.
1905: Trotz des guten
Geschäftsganges zieht sich Arentsen aus dem Unternehmen zurück. Arentsens Platz wird von
Hendrik Kölling eingenommen, einem Bruder von Willem.
1912: Durch die große
Erweiterung der ursprünglichen Fabrik und die Anschaffung von
"Spezialmaschinen" kann das Vorhaben, selbst Fahrräder herzustellen,
vollständig verwirklicht werden. Man spezialisiert sich jetzt ganz auf den Bau kompletter
Räder, während parallel auch der Großhandel immer mehr floriert.
1915: Die Firma wird von den
Köllings und ihrem Vetter Jan Breukink in "N.V. Gazelle Rijwielfabriek v/h Arentsen
en Kölling" geändert.
Die kommenden 25 Jahre kennzeichnen
sich durch eine starke Expansion des Unternehmens. Neben dem Absatz in den Niederlanden
nimmt auch der Export stark zu. Die steigenden Verkaufszahlen von Gazelle-Rädern im
damaligen Niederländisch Ostindien (Indonesien) trägt erheblich hierzu bei. Neben
"gewöhnlichen" Fahrrädern werden auch u.a. motorisierte Zweiräder,
Transporträder und Dreiräder für die verschiedensten Branchen produziert.
1930 oder 1931: Gazelle stellt
die Modelle 9X und 8V mit Kreuzrahmen vor.
Gazelle Kreuzrahmen
1931: Als billigere Ausführung
erscheint die Marke Invicta im Gazelle-Katalog. Daneben wird auch der Markenname Gelria
eingeführt.
1935: Gazelle bringt ihr erstes
Tandem heraus, das in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg guten Absatz findet. Gleich im
ersten Jahr werden 600 Stück verkauft.
1937: Ein von Philips
entwickeltes Elektrofahrrad mit 12 V Akku wird von fünf bekannten niederländischen
Fahrradherstellern in Produktion genommen. Gazelle ist hierbei die bedeutendste Firma und
baut 117 Stück. Der Neuentwicklung ist jedoch wenig Erfolg beschieden.
Die Kriegsjahre sind für Gazelle, wie
auch für viele andere niederländische Betriebe, eine schwierige Zeit. Die meisten
Maschinen werden von der Besatzungsmacht nach Deutschland gebracht. Die zurückgebliebenen
Maschinen werden kurz vor dem Kommen der Alliierten von einem speziellen
"Sprengkommando" untauglich gemacht. Außerdem wird die Fabrik Willem Kölling
von den Kriegsgefechten stark in Mitleidenschaft gezogen.
Im Augustus 1946 kommt das erste
Nachkriegs-Gazellerad auf den Markt, 1950 das erste Gazellerad mit Hilfsmotor. Der Bau von
Transporträdern und Lastendreirädern wird fortgesetzt.
1954: Gazelle wird von einem
Familienunternehmen in eine offene AG umgewandelt. Im selben Jahr baut Gazelle ihr
1-Millionstes Fahrrad.
1963: Anfang 1963 fusioniert
Gazelle mit Batavus in Heerenveen. Diese Kooperation erfüllt jedoch nicht die in sie
gesetzten Erwartungen und wird nach zwei Jahren wieder aufgelöst.
1964: Gazelle kommt als erste
niederländische Fahrradfirma mit einem eigenen Klapprad, dem "Kwikstep". Das
besondere dabei ist, daß die erste Version dieses Modells nicht um eine vertikale,
sondern um eine horizontale Achse geklappt wird, wobei sich das Scharnier unter dem
Tretlager befindet.
1966: Gazelle nimmt die
Fertigung von Tandems wieder auf, jetzt in einer modernen, leichteren Version. Zugleich
kommt das 2-Millionste Fahrrad aus der Produktion.
1968: Gazelle übernimmt die Fahrradmarken Juncker,
Simplex und Locomotief. Im gleichen Jahr wird auch der Mofahersteller Berini von Gazelle
übernommen.
Neben den noch heute hergestellten
eigenen Trommelbremsnaben fertigt Gazelle in den 60er Jahren auch eigene Dreigangnaben
ohne und (meistens) mit Trommelbremse. Nach ca. 45.000 - 50.000 Einheiten wird die
Produktion jedoch aus Kostengründen aufgegeben.
1971: Tube Investment (TI)
übernimmt Gazelle. Das Unternehmen heißt ab jetzt "Gazelle Rijwielfabriek
B.V.".
1987: TI verkauft seine
Fahrradgruppe an Derby Cycles Corporation. Zu diesem amerikanischen Konzern gehören heute
auch u.a. Raleigh, der Nabenhersteller Sturmey-Archer sowie die deutschen Fahrradmarken
Kalkhoff, Rixe, Winora und Staiger.
1992: Im Jahr ihres 100jährigen
Jubiläums baut Gazelle ihr 8-Millionstes Fahrrad.
1999: Anfang April erreicht
Gazelle einen neuen Meilenstein in ihrer Geschichte: das zehnmillionste Gazelle-Rad
verläßt die Fertigung. Das Unternehmen beschäftigt nun ca. 550 Mitarbeiter und fertigt
über 300.000 Fahrräder pro Jahr. Anders als bei vielen anderen Fahrradherstellern
wird der überwiegende Teil der Rahmen noch immer im eigenen Werk hergestellt. 20 %
der Produktion werden nach Belgien sowie in die Grenzregion in Deutschland exportiert.
2000: Mit dem Sortiment für
nächstes Jahr stellt Gazelle drei auffällige Neuheiten vor: zwei full-suspension
Trekkingräder (in den Niederlanden wird dieser Fahrradtyp bislang wesentlich weniger
verkauft als in Deutschland), das "Solide" mit einem verstärkten, extra hohen
Rahmen (eine Kopie des "Stabilo", das Batavus und Altra bereits seit 15 Jahren
anbieten) und das "Tranza", ein hochmodernes Faltrad mit gefedertem Carbonrahmen
und 7-Gangnabe.
2001: Derby Cycles Corporation
verkauft Gazelle an den niederländischen Investmentfonds Gilde Buy Out Fund. Gazelle ist
ein florierendes Unternehmen, aber Derby hat große finanzielle Probleme. Die Produktion
liegt bei 380.000 Fahrrädern pro Jahr, der Marktanteil von Gazelle beträgt.
ca. 30 %.
Gazelle ist bis zum heutigen Tag die
Galeonsfigur der niederländischen Fahrradindustrie. Gazelle-Räder wurden in großen
Stückzahlen hergestellt und sind als zuverlässig und komfortabel bekannt - der Mercedes
unter den niederländischen Fahrradmarken.
Links: faltbares Gazelle
Lastenfahrrad (1930er Jahre). Die Ladefläche konnte
zusammengeklappt und das Fahrgestell zusammengeschoben werden.
Rechts: zweirädriges Gazelle "Cabby" von 2008 mit
zusammenfaltbarer
und herausnehmbarer Sitzbank bzw. Ladefläche.
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