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Auf Biegen und Brechen

Die Vorgeschichte


Sparta wurde 1917 gegründet und begann 1920 in Apeldoorn mit einer eigenen Fahrradfertigung. Ab den 30er-Jahren wurden auch motorisierte Zweiräder hergestellt. Anfang der 50er-Jahre profitierte Sparta, wie andere auch, von der wachsenden Nachfrage nach Mopeds und Motorrädern. Sparta war in dieser Sparte so erfolgreich, dass die weniger gewinnträchtige Fahrradproduktion 1958 eingestellt wurde. In dieser Zeit entwickelte sich Sparta zum größten niederländischen Motorradhersteller.

     
Sparta 4-10
Sparta "4-10" (1971)
Sparta Easy Boy
Sparta "Easy Boy" (1974)

Erneute Fahrradproduktion


Im Laufe der 60er-Jahre wurde der Absatz von motorisierten Zweirädern immer schwieriger. Sparta musste ausweichen und stieg deshalb wieder in die Fahrradproduktion ein. Der erste Schritt war die Einführung des Modells Sparta "8-80", eines Fahrrads mit Stahlpressrahmen für die Altersklasse von acht bis achtzig, das erst als nicht faltbares Rad und später auch in einer faltbaren Version angeboten wurde. Sparta folgte damit der damals aktuellen Minifahrrad-Mode. Sie kopierten im Grund genommen die entsprechenden Modelle von Batavus und Magneet.

     Um 1970 bekam das Sparta 8-80 mit 22"-Laufrädern ein kleines Geschwisterchen: das Sparta 4-10 mit 18"-Rädern. 1971 kam Sparta mit dem coolen Sparta "Easy Boy", einem vom Stahlpressrahmen des Modells 4-10 abgeleiteten Bonanzarad mit Sachs-Dreigangschaltung. Aber schon nach drei Jahren wurde dieses veredelte Kinderrad wieder aus dem Programm genommen.

     Sparta war damals noch immer kein vollwertiger Fahrradhersteller. Dazu kam es erst, als der Mopedmarkt nach der Einführung der Sturzhelmpflicht 1972 einen Einbruch erlebte. Aber auch der Fahrradmarkt war damals schwierig und kennzeichnete sich durch eine starke Konzentrationstendenz unter den Anbietern. Sparta brauchte jedoch nicht auf eine vorhandene eigene Fahrradfertigung Rücksicht zu nehmen und konnte sich frei auf die Frage konzentrieren, wie Stadträder produziert werden konnten, die unter den gegebenen Marktverhältnissen einen gewissen Marktanteil erringen konnten. Ein Ausgangspunkt dabei war die Nutzung des vorhandenen Maschinenparks, der auf Mopeds und Motorräder ausgelegt war. Gleichzeitig suchte man nach einer kostengünstigeren Möglichkeit des Fahrradrahmenbaus als bisher und fand diese in dem "Rahmen aus einem Stück". Dabei bestand der Hauptrahmen (Oberrohr, Sattelrohr und Unterrohr) aus einem einzigen, durchlaufenden Rohr. Sparta stellte hierfür 1973 in Deutschland, Belgien und den Niederlanden einen Patentantrag. In den Niederlanden dauerte es zehn Jahre bis das Patent schließlich verliehen wurde.

 

Sparta Windsor
Sparta "Windsor" (1973)

 

Neu war die Idee von Sparta nicht. Um 1915 konstruierte der deutsche Maschinenbauingenieur Hans Hecker aus Nürnberg ein Fahrrad, bei dem ebenfalls der Hauptrahmen aus einem Stück bestand und auch der Hinterbau (Sattelstrebe und Kettenstrebe) jeweils aus zwei durchlaufenden Rohren gefertigt war. Die Produktionszahlen dieses Fahrrads dürften gering gewesen sein, denn es ist kein einziges erhalten gebliebenes Exemplar bekannt. Es ist denn auch annehmlich, dass Sparta nichts von diesem Hecker-Rad wusste.

 

De Hecker-fiets
aus: Knochenschüttler Nr. 17 (1999),
ursprünglich entnommen aus Radmarkt und Motorfahrzeug, Nr. 1803

 

Die technische Seite des Rahmens aus einem Stück

Im Patentantrag schrieb Sparta: "Die Erfindung bezieht sich auf die Fertigung eines Fahrradrahmens, dessen Fertigungskosten niedriger sind." Als Verkaufsargument pochte Sparta jedoch auf die vermeintliche "Unverwüstlichkeit" eines aus einem Stück hergestellten Fahrradrahmens. Das Gegenteil war der Fall. Bei einem herkömmlichen Fahrradrahmen sind die schwächsten Teile - die Verbindungsstellen der einzelnen Rohre - durch die übergeschobenen Lötmuffen doppelwandig. Das war übrigens auch beim Hecker-Rad der Fall, nicht aber beim Sparta-Rahmen.

Sparta-Tretlagergehäuse     Die schwächste Stelle des Rahmens war das Tretlagergehäuse. Es war lediglich mit Messinglot unter dem Rahmen "festgeklebt", und diese Verbindung konnte der hohen, wechselnden Belastung beim recht und links Treten oft genug nicht auf Dauer standhalten: es entstand ein Bruch zwischen Tretlagergehäuse und Rahmenrohr. Auch die Verbindung zwischen Tretlagergehäuse und Kettenstrebe war billig gemacht, insbesondere bei den späteren Modellen (ab 1984). Die Verbindung zwischen dem Lenkkopfrohr und dem durchlaufenden Hauptrohr musste in den 70er-Jahren ebenfalls mit einer minimalen Rundumverlötung auskommen. In den 80er-Jahren wurde dies verbessert, indem im Lenkkopfrohr mitten in der Berührungsfläche mit dem Hauptrohr ein Schlitz eingefräst wurde, um den herum beim Warmfügen zusätzliches Messinglot fließen konnte. Die hinteren Ausfallenden wurden einfach mit einer Punktverschweißung mit den geplätteten Enden von Ketten- und Sattelstrebe verbunden und nicht, wie beispielsweise bei Sportrahmen der Fall, in die Strebenrohre geschoben und verlötet. So wurde im Rahmenbau die Maßgabe einer möglichst wirtschaftlichen Fertigung mit möglichst kurzen Bearbeitungszeiten konsequent umgesetzt. Das einzige Zeichen, dass beim Sparta-Rahmen auch auf Stabilität geachtet wurde, ist das Verstärkungsrohr im Sattelrohr, das bei Damenrädern ein Einknicken des Rahmens, wie bei vielen alten Hollandrädern der Fall, verhinderte. Eine bebilderte Beschreibung der Schwachstellen des Sparta-Rahmens finden Sie hier.
Sparta-Rahmenbau
Die Befestigung des Lenkkopfrohrs am Hauptrahmen erfolgte mit einer elektronischen Lötung mit anschließendem Nachlöten von Hand (Quelle: Tweewieler, Aug. 1980)


     Sparta entschied sich also in erster Linie für eine kostengünstige Fertigung und gegen Stabilität. Die Apeldoorner Fabrik produzierte diese Rahmen über 20 Jahre lang, und das trotz der verhältnismäßig vielen auftretenden Rahmenbrüche. 1996 wurden in der niederländischen Fachzeitschrift für den Fahrradhandel "Tweewieler" in einem Artikel zu Garantieansprüchen im Zweiradgewerbe zwei Paradebeispiele genannt: die pannensicheren Vredestein "Perfect"-Reifen und der Rahmen der Sparta-Räder. Dieses Bild spiegelt sich auch auf der Straße wider: von keiner anderen niederländischen Fahrradmarke sind so viele gebrochene und wieder geschweißte Rahmen zu sehen als von Sparta. Es handelt sich dabei natürlich nur um einen kleinen Teil der Gesamtzahl produzierter Sparta-Räder, aber im Vergleich zu anderen Marken liegt der Ausschussanteil doch bedeutend höher.

     Anfangs gewährte Sparta auf ihre Räder 5 Jahre Garantie. Später wurde diese Frist auf 10 Jahre verlängert. Um ihren Garantieverpflichtungen gegenüber den geschädigten Kunden nachzukommen, unterhielt Sparta ein Wartungsteam, das durch die ganzen Niederlande reiste und bei Fahrradhändlern, bei denen ein Kunde mit einem gebrochenen Sparta-Rahmen zurückgekommen war, in kürzester Zeit alle Teile auf einen neuen Rahmen montierte. Die Kosten hierfür mögen vielleicht niedriger gewesen sein als für eine grundsätzliche Verbesserung des Rahmenbaus, für den Ruf der Marke Sparta wäre Letzteres aber wohl besser gewesen.

     Anfang der 90er-Jahre ließ Sparta die Idee des Rahmens aus einem Stück schrittweise fallen, wobei die Kinderfahrräder die ersten Modelle waren. Ab 1994 lief das Hauptrahmenrohr bei allen Modellen mit Ausnahme der Tandems nur noch am Lenkkopf durch, während das bruchgefährdete Tretlager als normales, gemufftes Tretlager ausgeführt wurde. Ab 1995 wurden alle Rahmen kapillar verlötet und gehörte der Rahmen aus einem Stück nach 22 Jahren unaufhörlicher Probleme endlich der Vergangenheit an.


Sparta Populair
Sparta "Populair" (1981) mit Buckel
Sparta Herrenrad mit Buckel
Sparta Herrenrad mit Buckel (1983)
Sparta Lady Sportief
Sparta "Lady Sportief" (1983)


Die wirtschaftliche Seite


Trotz der erheblichen technischen Probleme war das Rad aus einem Stück wirtschaftlich gesehen ein Erfolg. Ein willkürlicher Fahrradständer in den Niederlanden ist heute eigentlich nicht komplett, wenn kein Sparta-Rad darin abgestellt ist. Oder eine der B-Marken, unter denen die Sparta-Räder von Sparta selbst und ab Anfang der 80er-Jahre auch durch Ladenketten wie Halfords verkauft wurden: Romein, Het Vaandel, Tomos, Wellington, Resident usw. Außer in den Niederlanden wurden die Spartas auch in Belgien, Deutschland und Dänemark verkauft. Ein verkaufsförderndes Argument war die angebliche besondere Stabilität dieses Rahmens, bei zugleich niedrigerem Preis.
 

Die Modelle

Es fing alles 1973 mit nur einem Modell an: dem einfachen Sparta "Windsor", das als gewöhnliches Herrenrad oder als Damenrad mit Parallelrohrrahmen erhältlich war. 1975 kam ein Damenrad mit tiefem Durchstieg hinzu, Anfang 1977 das Sportrad "Sparta 2000" mit Herren- oder mit Mixterahmen und noch etwas später ein typisch holländisches "Omarad" mit einem dicken Buckel beim Lenkkopf.

     Anfang der 80er-Jahre lief die Entwicklungsabteilung von Sparta auf vollen Touren. Im Katalog von 1982 meldete man stolz: "Der Beweis - Sparta hat Phantasie beim Rahmenbau". Die Zahl der Variationen zur Idee des Rahmens aus einem Stück erreichte in den Jahren 1983/84 ihren Höhepunkt. Damals wurden nicht weniger als 10 verschiedene Rahmenformen angeboten, während andere Hersteller höchstens 5 - 6 Sorten bauten. Die Zahl der insgesamt gebauten Sparta-Rahmenvarianten geht gegen 20. Sparta baute auf ihre charakteristische Weise fast alle bekannten Rahmenformen und darüber hinaus noch einige neue Formen. Man ließ den Konstrukteuren scheinbar freien Lauf, und so wurden in der Apeldoorner Fabrik nach Herzenslust Rohre gebogen, wie die Übersicht aus dem Katalog von 1983 zeigt. Die am längsten laufenden und zugleich am meisten verkauften Modelle waren das Damenrad mit tiefem Durchstieg (Nr. 3, auch mit Hilfsmotor als "Spartamet" sehr beliebt) und das normale Herrenrad (Nr. 1).

 

Sparta-Rahmenübersicht, 1983
Rahmenübersicht aus dem Sparta-Katalog von 1983

 

Sparta mit Berceau-Rahmen
Sparta mit Berceau-Rahmen (1986/87)
In der zweiten Hälfte der 80er-Jahre sank die Anzahl der Rahmenvarianten wieder. Bemerkenswerte Modelle sind noch das 1984 neu herausgebrachte Einkaufsrad "Speciaal", der schöne Berceau-Rahmen, der 1986 den Mixte-Rahmen ablöste, und das Mountainbike von 1988 mit fallendem Oberrohr. 1995 hatte es wie gesagt definitiv ein Ende mit dem Rahmen aus einem Stück. Nur die Tandems wurden noch zwei Jahre länger aus bestehenden Vorräten geliefert. Sparta reorganisierte den Rahmenbau und stellte nun Räder mit ansprechenden, kapillar (muffenlos) verlöteten Rahmen her. Nach nur drei Jahren wurde jedoch der eigene Rahmenbau gänzlich eingestellt. Seitdem werden in Apeldoorn nur noch nach eigenem Entwurf in China gefertigte Rahmen montiert.
Unter dem Aspekt der Qualität ist es wohl zu begrüßen, wenn die insgesamt 2 Millionen produzierten Sparta-Räder mit einem Rahmen aus einem Stück in ein paar Jahrzehnten vom Erdboden verschwunden sind. Aber es werden sich zweifellos Fahrradliebhaber finden, die sich auf das Sammeln von Sparta-Rädern verlegen werden. Keine leichte Aufgabe: wer dann von jedem Modell ein Exemplar haben will, wird einen großen Schuppen brauchen - und natürlich ein gutes Schweißgerät.

 

 

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Last update: 23.03.2004