Dieses Rad ist seit 1998 als Leihgabe im Besitz des Fahrradmuseums Velorama

Die Entwicklung des Fahrrads am Ende des 19. Jahrhunderts fand hauptsächlich in England, Deutschland und Frankreich statt. Die ersten niederländischen Fahrradhersteller kopierten ausländische Modelle; so hatte die niederländische Fahrradindustrie denn auch keinen Anteil an der ursprünglichen Formgebung und technischen Gestaltung des Fahrrads.

     In den genannten drei Ländern fanden individuelle Entwicklungen statt, von denen noch heute Überbleibsel erhalten sind. So fuhr man in England mit Getriebenaben von Sturmey-Archer und innenseitigen Felgenbremsen ("Steigbügelbremsen"), in Deutschland auf Fichtel & Sachs-Naben mit Rücktritt und in Frankreich oft auf Rädern mit Kettenschaltung.

     Alte Hollandräder orientieren sich am stärksten an englischen Fahrrädern. Die englische Fahrradindustrie entwickelte sich vor der Jahrhundertwende am schnellsten und hatte dadurch einen guten Ruf. Die niederländischen Firmen versuchten, mit ihren Produkten englisch zu wirken. Da die Niederlande sehr flach sind, brauchte ein Fahrrad nicht so leicht zu sein wie beispielsweise in Frankreich. Die Verwendung von Gangschaltungen war bis Ende des Zweiten Weltkriegs eher die Ausnahme.

Was ist nun typisch niederländisch? Zum einen die vielfältige Verwendung des Fahrrads als Transportmittel. Ein altes, schweres niederländisches Lastendreirad ist in hügeligen Gebieten bzw. Ländern undenkbar. Auch Transporträder ("Bäckerräder") wurden in den Niederlanden mehr verwendet als anderswo.

     Das als typisch niederländisch angesehene "Omafiets" (Damenrad mit hochgezogenem Oberrohr) stammt eigentlich aus England. Es ist aber ein gutes Beispiel für ein anderes Merkmal alter Hollandräder: die aufrechte Sitzhaltung und die sehr bequemen Fahreigenschaften. Im Vergleich zu alten deutschen Tourenrädern haben Hollandräder oft einen kürzeren und höheren Rahmen. Darauf sitzt man nach meiner Erfahrung stattlicher und bekommt man bei längeren Fahrten weniger schnell Rückenschmerzen.

     A propos Rahmengeometrie: Wahrscheinlich fahren in keinem anderen Land so viele alte Fahrräder mit einer Rahmenhöhe von 65 cm und mehr, bei denen es sich teilweise sogar um Damenräder handelt! Das solide, 45 mm dicke Thompson-Tretlager wurde meines Wissens nur in den Niederlanden verwendet, und der rundum geschlossene Moleskin- bzw. Segeltuch-Kettenkasten ist ein unverzichtbares Markenzeichen eines echten Hollandrades.

Stokvis Transportrad

Die Branchenzeitschrift "De Nederlandsche Rijwielhandel" schrieb 1949:

 

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