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Fahrräder und Fahrradindustrie in den Niederlanden |
Der
folgende Artikel stellt einen geschichtlichen Überblick zur Entwicklung des Fahrrads und
der Fahrradproduktion in den Niederlanden dar. Der Artikel wurde auch in zwei Teilen im
"Knochenschüttler" abgedruckt, dem Vereinsblatt des Historische Fahrräder e.V.
Die
Anfänge
Am Anfang der niederländischen Fahrradgeschichte steht der Name Burgers. Der
Überlieferung zufolge kaufte der Schmied Henricus Burgers aus Deventer 1869 von einem
durchreisenden Amsterdamer Velozipedhändler ein importiertes Veloziped. Burgers erkannte
offenbar, dass ein solches Gefährt Zukunft haben könnte, und gründete daraufhin eine
Fahrradfabrik. Diese erste niederländische Fahrradfabrik dürfte nach heutigen
Maßstäben eher eine größere Werkstatt gewesen sein, aber dennoch: Burgers war
unzweifelhaft der erste niederländische Fahrradproduzent, und in dem Unternehmen, das
seinen Namen trug, sollten im Laufe seiner Geschichte alle Fahrradtypen, vom Veloziped
über das Hochrad bis hin zum modernen Stadtrad der frühen 1960er-Jahre, hergestellt
werden.
Einheimische Konkurrenz bekam Burgers erst in den
1880er-Jahren; die Neugründungen von Fahrradfabriken folgten dann aber dicht aufeinander:
Fongers (Beginn der Fahrradproduktion 1884 in Groningen), die Fa. Jac. Franssen (Venlo,
1884, u. a. mit der Marke ‚Cyrus‘), Eysink (Amersfoort, 1886) und Simplex
(Utrecht, 1887). Im Gegensatz zu England oder Deutschland, wo auffällig viele
Fahrradproduzenten zuvor Nähmaschinen hergestellt hatten, waren es in den Niederlanden in
den ersten Jahren vor allem kleine Schmiede, die sich an die Fahrradfertigung wagten. Ab
den 1890er-Jahren wurden aber immer mehr Fahrradwerkstätten und (zunächst) kleine
Fabriken von vornherein zur ausschließlichen Herstellung von Fahrrädern gegründet. Auch
Großhändler/Importeure übernahmen teilweise die Herstellung selbst. Eine Übersicht
über eine Reihe niederländischer Fahrradmarken bietet Tabelle 1.
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Gründung
(G) bzw. Anfang der Fahrrad-
produktion (P) |
Firma,
Ort |
Aufhebung
der (selbstständigen) Fahrrad-
produktion |
Grund
der Aufhebung |
1869 (G) |
Burgers, Deventer |
1961 |
Übernahme
durch Pon |
1871 (G)
1884 (P) |
Fongers, Groningen |
1961 |
Übernahme
durch Phoenix |
1884 (G) |
Cyrus, Venlo |
1971 |
Konkurs |
1886 (G) |
Eysink,
Amersfoort |
1955 |
Konkurs,
Fortsetzung des Unternehmens ausschließlich mit motorisierten Zweirädern |
1887 (G)
1890 (P) |
Simplex, Amsterdam |
1965 |
Verlegung der
Produktion nach Apeldoorn (Juncker) |
1897 (G) |
Gruno,
Winschoten |
1968 |
Betrieb nach
zweifachem Umzug und Fusionen geschlossen |
1898 (G)
1924 (P) |
Juncker, Apeldoorn |
1968 |
Übernahme
von Juncker, Locomotief und Simplex durch Gazelle |
1898 (G)
1930 (P) |
Pon,
Amersfoort |
1985 |
Konkurs,
Übernahme durch Union |
1892 (G)
1902 (P) |
Gazelle, Dieren |
- |
- |
1894 (G)
1904 (P) |
Germaan, Meppel |
1962 |
Übernahme
durch Phoenix |
1902 (G)
1929 (P) |
Locomotief, Amsterdam |
1952 |
Fusion mit
Simplex |
voor 1900 Fahrradhändler, ab 1913 Fabrik |
Bato, Tiel |
1957 |
Übernahme
durch Batavus |
1904 (G)
1911 (P) |
Union, Dedemsvaart |
2005 |
Markenrechte verkauft, Marke und Produktion voneinander getrennt |
1904 (G)
ca. 1907 (P) |
Batavus, Heerenveen |
- |
- |
1905 (G) |
Phoenix, Leeuwarden |
1969 |
Übernahme
von Phoenix, Fongers und Germaan (PFG) durch Batavus |
1908 (G) |
Veeno, Bedum |
1967 |
Konkurs |
1909 (P) /
1923 (P) |
Magneet, Weesp |
1969 |
Markenrechte
und Produktion verkauft an Batavus |
1913 (G)
1917 (P) |
Empo, Vorden |
1979 |
Konkurs,
Übernahme durch Pon |
1914 (G) |
Maxwell,
Amsterdam |
1961 |
Betriebsauflösung |
1917 (G)
1920 (P) |
Sparta, Apeldoorn |
1999 |
Übernahme
durch Accell (Batavus) |
1918 (G) |
Primarius,
Meppel |
1962 |
Betriebsauflösung |
1921 (G) |
RIH,
Amsterdam |
- |
- |
1922 (G)
1954 (P) |
Kaptein,
Amsterdam/Arnheim |
ca. 1963 |
Vergabe der
Produktion an PFG, ab 1966 an Union (Unikap) |
1927 (G) |
Eroba, Echt |
- |
(heute als
United Bicycles in Belgien nieder-
gelassen) |
1939 (G) |
Burco, Amsterdam |
- |
- |
1945 (G) |
Cové,
Blerick |
- |
- |
1948 (G) |
Rivel,
Surhuisterveen |
1993 |
Übernahme
durch Union |
Tabelle 1: Übersicht ausgewählter
niederländischer Fahrradfabriken
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England als Vorbild
Wie in anderen Ländern auch, fungierte anfangs die englische Fahrradindustrie als
Vorbild. Holländische Händler importierten Fahrräder und Zubehör aus dem
‚Mutterland‘ der industriellen Fahrradfertigung, und die Hersteller orientierten
sich an englischen Vorbildern. Erst in den 1920er-Jahren begannen holländische
Hersteller, stolz mit "Nederlandsch Fabrikaat" zu werben, und die meisten Marken
strebten nun nicht mehr danach, Fahrräder herzustellen, die genau wie die englischen
Vorbilder aussahen. Neben dem so erfolgreichen Import englischer Fahrräder gab es auch
umfangreiche Einfuhren aus Deutschland und - in der Anfangszeit - den Vereinigten Staaten,
wie sich anhand alter Anzeigen erkennen lässt. |
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Das
Hollandrad stellte zunächst also eine vollständige Kopie des englischen Vorbilds dar,
bildete dann aber im Verlauf der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einige eigene
Merkmale aus. Die zu Grunde liegende konservative Haltung sowohl der niederländischen
Fahrradhersteller als auch der Fahrradkäufer ist - wenn auch abgeschwächt - bis heute
wirksam. Diese Haltung hat ihre positiven Seiten. So wissen Holländer auch heute noch den
Wert eines langlebigen Qualitätsrades zu schätzen und sind bereit, dafür auch beim Kauf
durchschnittlich mehr Geld aufzuwenden als beispielsweise die deutschen Käufer.
Andererseits geht damit auch einher, dass niederländische Fahrradhersteller und Erfinder
im internationalen Vergleich kaum etwas zur Weiterentwicklung des Fahrrades beigetragen
haben.
Zwei weitere Merkmale, die es für das Verständnis der
Entwicklung des Hollandrades zu beachten gibt, sind die „fahrradfreundliche“
niederländische Topographie, in der Steigungen fast völlig fehlen, und ein gut
ausgebautes, dicht geknüpftes Straßennetz. Hinzu kommt eine außergewöhnlich hohe
Akzeptanz des Fahrrades in praktisch allen Bevölkerungsschichten; von Anfang an und bis
heute durchgehend wird das Fahrrad in den Niederlanden ohne ideologische Färbung als
alltägliches Verkehrsmittel akzeptiert und genutzt; die Verbreitung des Autos ging hier
nicht so stark zu Lasten der Fahrradnutzung wie in anderen Ländern.
Zurück zu den Anfängen des Hollandrades. Um 1900 hatte
sich nach englischem Vorbild die einheitliche Laufradgröße 28 x 1 1/2" (635 mm
Felgendurchmesser, 40 mm Reifenbreite) für schwere, solide Alltagsräder durchgesetzt.
Daran sollte sich im Wesentlichen bis in die 1950er-Jahre nichts ändern - im Gegensatz zu
England, wo dieser Fahrradtyp im Laufe der 1920er-Jahre seine dominierende Position
verlor, dies zugunsten kleiner und schmäler bereifter, leichterer Fahrräder.
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Gazelle-Herrenrad mit Girder-Rahmen
(Katalog 1912)
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Ein
holländisches Herrenrad hatte, wie in anderen Ländern auch, einen Diamantrahmen, bei den
Damenrädern gab es anfangs sowohl den Schwanenhalsrahmen, der in Deutschland lange Zeit
die Grundform darstellte, als auch den englischen ‚loop frame’, wie er heute
noch beim ‚typisch holländischen’ Nostalgie-Damenrad üblich ist. Zwischen 1900
und 1920 setzte sich diese Form des Damenradrahmens endgültig durch. Luxuriöse Räder
wurden besonders zwischen 1900 und 1910 auch mit unterschiedlichen Kreuzrahmenformen nach
englischem Vorbild geliefert.
In dieser Zeit waren die ‚besseren’ Räder mit
Freilaufnabe, zwei Gestänge-Felgenbremsen und einem (für Damenräder obligatorischen)
Vollkettenschutz ausgestattet, während billigere Modelle ohne Kettenschutz und mit
einfacher Mantelbremse, z. T. auch mit starrer Nabe, geliefert wurden. Die Rahmen waren
generell hoch und kurz gebaut. Erst später änderte sich diese Mode: die Rahmen wurden
etwas niedriger, die Geometrie flacher, Oberrohr und Radstand länger. Jedoch blieben die
niederländischen Fahrradrahmen im Vergleich immer tendenziell kürzer und vor allem
höher als die Rahmen deutscher Tourenräder. So kristallisierte sich bei Herrenrädern
24 Zoll (61 cm) als gängige Rahmenhöhe heraus.
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Die holländische
Fahrradindustrie wird ‚erwachsen‘
In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als in Deutschland die Währung ständig an Wert
verlor, versuchten deutsche Fahrradfabriken offenbar, verstärkt Fahrräder im
benachbarten Holland mit seiner stabilen Währung abzusetzen. Das inflationsbedingte
Währungsgefälle ermöglichte dabei günstige Preise, und entsprechend litt der Absatz
der niederländischen Fahrradhersteller. Die Währungsreform 1923 beendete diese in der
Branche äußerst unbeliebte Konkurrenz. Im Laufe der 1920er-Jahre wurde die
niederländische Fahrradindustrie insgesamt stärker und eigenständiger. Der Anteil der
Radfahrer an der Gesamtbevölkerung stieg deutlich, und damit auch der Absatz an
Fahrrädern. Fast alle namhaften Herstellerfirmen entstanden vor 1930 bzw. begannen mit
der Fahrradproduktion. Die „Großen Vier“ der holländischen Fahrradgeschichte -
Burgers, Fongers, Simplex und Gazelle - hatten sich inzwischen etabliert, und es gab ein
umfangreiches Angebot großer und kleiner Marken. Niederländische Fabrikate hatten nun
auch in der Wahrnehmung der holländischen Käufer qualitativ mit der ausländischen
Konkurrenz gleichgezogen. Die Hersteller konnten mit der Solidität und Zuverlässigkeit
des einheimischen Produkts werben.
Das Angebot an Fahrradmodellen war bis Ende der 1920er-Jahre
jedoch wenig abwechslungsreich. Das ist nicht verwunderlich, denn es ging in dieser Zeit
im Wesentlichen nur darum, dass die Bevölkerung mobil werden wollte. Für den
Alltagsgebrauch gab es die Herren- und Damenräder in der oben beschriebenen Ausrüstung
mit 28 x 1 1/2"-Bereifung. Daneben gab es Transport- und Diensträder sowie - bei den
größeren Herstellern - Kinder- und Rennräder. Fahrräder in einer anderen Farbe als
Schwarz gab es kaum.
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Burgers-Damenrad (Katalog 1930) mit der
viel sagenden Modellbezeichnung "Standard"
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Charakteristische
Unterschiede zwischen niederländischen und englischen Fahrrädern waren, neben der
Rahmengeometrie, die mit dem so genannten ‚Moleskin‘ („Maulwurfshaut“;
ein sehr dicht gewobener Baumwollstoff) bespannte Vollschutz-Kettenabdeckungen, während englische Fahrräder
zumeist mit geschlossenen Ölbad-Blechkettenkästen ausgerüstet waren. Holländische
Fahrräder wurden außerdem überwiegend mit soliden, schweren Thompson-Tretlagern mit
Einpressschalen (Durchmesser 45 mm) ausgestattet; englische Fahrräder hatten häufiger
BSA-Lager mit Schraubschalen. Gemeinsam blieb holländischen und englischen Rädern dabei
immer die Befestigung der Tretkurbeln mit Keilen auf der Welle, im Gegensatz zu deutschen
Rädern, bei denen für einige Jahrzehnte das Glockenlager mit aufgepressten Tretkurbeln
dominierte.
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Anzeige F&S Torpedo, 1926.
Holland war für die F&S Torpedo-Nabe der wichtigste Exportmarkt. Im April 1937
erreichte der Importeur William Koch & Co. den Meilenstein von 5.000.000 in Holland
und den holländischen Kolonien verkauften Torpedo-Naben - bis dato gut 10 % der
Gesamtproduktion von F&S.
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Ein
frischer Wind
Ab der Mitte der 1920er-Jahre begann sowohl bei den Fahrradtypen wie auch bei der
Fahrradtechnik eine Differenzierung. Zu den ersten Veränderungen gehörte die
Verbesserung der Bremsen, möglicherweise unter dem Einfluss des zunehmenden
Straßenverkehrs. Generell gewann - wie auch in Deutschland - die Rücktrittbremse immer
mehr an Boden. Angeboten wurde sie natürlich schon länger, ihr prozentualer Anteil an
den verkauften Hinterradnaben muss aber bis nach dem Ersten Weltkrieg relativ klein
gewesen sein. Den größten Marktanteil hatte die F&S-Torpedonabe, die aber in den
1920er Jahren zunehmende Konkurrenz durch Nachbauten und anders konstruierte
Rücktrittnaben bekam, wie New Departure (USA, eine der ältesten Rücktrittnaben), Komet,
NSU, Victoria (alle Deutschland), Perry, Bayliss-Wiley (beide England) und im Laufe der
1930er-Jahre dann auch Styria (Österreich) und Husqvarna (Schweden). Rücktrittnaben aus
holländischer (Serien)fertigung gab es damals noch nicht.
Auch bei den Vorderradbremsen tat sich Ende der 20er-Jahre
etwas. Nachdem im Jahr 1926 British Hub die erste Trommelbremsnabe für Fahrräder auf dem
holländischen Markt vorgestellt hatte, bot Simplex - soweit anhand von Katalogen und
Anzeigen nachvollziehbar - als erster niederländischer Hersteller ab ca. 1927 eine aus
der eigenen Motorradfertigung abgeleitete Trommelbremse an. Um 1930 erschien die
Gazelle-Trommelbremsnabe; englische Sturmey-Archer-Trommelbremsnaben wurden ebenfalls ab
dieser Zeit in Holland angeboten - anfänglich von der Firma Fongers, die bis Mitte der
1950er-Jahre der holländische Importeur von Sturmey-Archer-Produkten war, und in der
Folge auch von allen anderen größeren Herstellern. Simplex, Gazelle und Fongers blieben
aber jahrzehntelang die drei wichtigsten Anbieter von mit Trommelbremsen bestückten
Fahrrädern, wie auch an den noch erhaltenen alten Hollandrädern deutlich zu ersehen ist.
Übrigens wurden Trommelbremsen immer paarweise montiert, d.h., wenn im Vorderrad eine
Trommelbremse montiert war, wurde das Rad zugleich immer auch mit einer
Hinterrad-Trommelbremse ausgerüstet.
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Wie bringt man den
Radfahrern im flachen Holland die Notwendigkeit guter Bremsen näher?
Fongers ließ 1936 eine Rampe errichten, auf der mehrere Wochen lang jeden Tag die
Wirkung guter Bremsen demonstriert wurde. Rechts ein Fahrrad aus Holz mit
Trommelbremsen, darunter der Fongers-Wahlspruch: „Fahre sicher - fahre Fongers".
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Ab Ende der
1920er-Jahre wurde auch das Angebot an Fahrradtypen und Rahmenformen vielfältiger, wohl
nicht zuletzt unter Einfluss der Weltwirtschaftskrise. So nahmen immer mehr Hersteller
schwarze "All-Weather"-Räder und Dienst- bzw. Halbtransportfahrräder in ihr
Sortiment auf, der Verkauf schwerer Lastendreiräder (für die vielen kleinen
Gewerbetreibenden) stieg und diverse Kreuzrahmenformen wurden wiederbelebt. |
Mann mit All-weather-Rad
nach misslungenem Abstiegsversuch (Katholieke Illustratie, 1939)
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Die
Wiederentdeckung des Tandemfahrens und das wachsende Interesse für den Rennsport und
damit für sportlichere Räder waren dagegen eher generelle Trends, die weniger mit der
wirtschaftlichen Situation zu tun hatten. Bei Sport- und Rennrädern orientierte sich die
niederländische Fahrradindustrie wiederum am englischen Vorbild, teilweise aber auch an
Belgien, das mit seinem Fahrradbau mehr von Frankreich beeinflusst war. Einen
ausgeprägten Fahrradtourismus wie in England, Frankreich und z. T. auch Deutschland gab
es in Holland jedoch so nicht. Die Radwegeinfrastruktur war zwar vorhanden, das Fahrrad
wurde jedoch in breiten Bevölkerungskreisen eher als reines ‚Nutzfahrzeug‘ und
nicht als Mittel für Ausflüge oder sportliche Betätigung gesehen. Die Verbreitung
sportlicher Räder war denn auch sehr gering.
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Magneet, Modell "Comfort"
(Katalog 1939). Prospekttext:
"Dieses Rad wurde speziell für schlechte Straßen konstruiert. Die Ballonbereifung
erweist dort gute Dienste."
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Die in Deutschland nach 1930
umfangreiche Verbreitung von 26“-Fahrrädern mit Vollballonbereifung ging an Holland
fast spurlos vorbei, wenngleich einige Hersteller Ende der 1930er-Jahre Herrenräder mit
dieser Bereifung zum Gebrauch in ländlichen Gegenden mit schlechten Straßen anboten. Das
althergebrachte Tourenrad mit 1½“ breiten Reifen war und blieb der eindeutig
vorherrschende Fahrradtyp, daran sollte sich bis in die 1950er-Jahre nichts ändern. Wenn
es durch die Bewegungen im Fahrradangebot der 1930er-Jahre so etwas wie einen Ansatz für
einen grundsätzlichen Wandel gegeben haben sollte, so wurde dieser mit dem Überfall der
deutschen Wehrmacht auf Holland im Mai 1940 zunächst erstickt.
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Copyright by
Herbert Kuner, © 2004 ...
All rights reserved.
Last update: 12.06.2004
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